Nadine Afolabi arbeitet bei DB Fernverkehr im Bereich Ausbildungsmanagement. Seit 2019 ist sie eine von deutschlandweit circa 100 DB-Mitarbeitenden, die sich ehrenamtlich als Soziallotsen im Projekt SUKI engagieren. SUKI steht für „Soziale und kulturelle Integration“. Zusammen mit der Bahn und der EVG als Partner begleitet SUKI den Onboarding-Prozess von Mitarbeitenden mit Flucht- und Migrationshintergrund. Auf DB Planet schildert Nadine Afolabi, wie sie zu SUKI kam, was ihre Arbeit prägt und welche Tipps sie anderen Lotsinnen und Lotsen geben kann.
Frau Afolabi, wie sah Ihr Weg zur DB aus?
Ich begann mit einer Ausbildung zur Kauffrau für Verkehrsservice bei DB Vertrieb und war dadurch in den Geschäftsbereichen von Fernverkehr, DB Regio und Station und Services unterwegs. Danach begann ich bei der Rekrutierung in Berlin, studierte nebenbei und kam bereits dort in Kontakt mit Geflüchteten im „Chance plus“-Programm. Mittlerweile bin ich in Frankfurt und mache berufsbegleitend meinen Master in HR Management.
Wie sind Sie auf das Lotsenprogramm aufmerksam geworden?
Über einen Beitrag auf DB Planet, in dem es einen Aufruf des Projekts SUKI gab. Die Beschreibung einer Soziallotsin passte zu mir und die Verbindung mit der Deutschen Bahn gefiel mir.
Woher kommt Ihre Motivation, sich ehrenamtlich zu engagieren?
Ich kenne die Probleme und Hürden von Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund sehr gut, da mein Mann ursprünglich aus Nigeria kommt, jedoch hier studierte. Ich finde es sehr schade, wie wenig sich Behörden um diese Menschen bemühen und, dass man mit geringeren Deutschkenntnissen und ohne Begleitung oft abgewimmelt wird. Das schlimmste Beispiel meines Mannes war die Aussage der Ausländerbehörde direkt nach seinem Studium, er habe ab sofort nur "x" Tage Zeit einen Job zu finden, ansonsten müsse er den nächsten Flieger nach Hause nehmen. Und tschüss! Als wir beide zusammen vor Ort waren, gab es solche Aussagen nicht. Ich möchte mich gegen derartige Vorurteile wehren und Hilfesuchende unterstützen.
Was sind Ihre Erfahrungen mit dem Lotsenprogramm?
Ich habe bisher noch niemanden bei Behördengängen oder ähnlichem begleitet, aber die Beteiligung über den Verteiler finde ich sehr gut. Falls jemand Hilfe in Frankfurt benötigt oder eine Wohnung sucht, können sich die Lotsen direkt einbringen. Ich bin selbst auch noch in anderen Netzwerken eingebunden und kann dadurch beispielsweise Wohnungsanzeigen weiterleiten. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die Kontaktpflege gerade mit Geflüchteten mit viel Arbeit verbunden ist. SUKI leistet wirklich viel.
Worin sehen Sie die größte Chance bei der Arbeit mit Kollegen und Kolleginnen mit Zuwanderungsgeschichte?
Die größte Chance ist sicherlich Neues dazuzulernen, vor allem über Kultur und Vorurteile. Bereits im Studium belegte ich für ein Semester ein tolles Seminar zur Interkulturellen Sensibilisierung, wo ausländische Studierende von den Sitten und Kulturen ihres Landes erzählten. Das hilft beim Verstehen von Verhaltensweisen und baut Vorurteile ab. Ich bezeichne das dann immer als „Aha-Effekte“.
Welche Ratschläge würden Sie neuen Lotsen mitgeben, die vielleicht auch noch Berührungsängste haben?
Ich würde ihnen den Austausch mit anderen Lotsen empfehlen. Treffen wie das Internationale Café von SUKI im letzten Jahr, wo es Essen aus verschiedenen Kulturen gab und man sich untereinander austauschen konnte, eigneten sich dafür gut. Und falls dennoch Zweifel bestehen, gibt es mittlerweile zahlreiche Angebote zu Workshops zur Interkulturellen Sensibilisierung, auch innerhalb der DB. Die Lust neue Menschen kennenzulernen, Neues zu entdecken und erfahren gehört natürlich auch dazu.
Was haben Sie rund um die Themen Integration, Kultur und Vielfalt gelernt?
Für mich war es ein langer Lernprozess, beginnend mit dem Umzug von einem ostdeutschen Dörfchen in die Großstadt, später dann auch ins Ausland. Die eigene Komfortzone zu verlassen, um neue Kulturen zu entdecken, gab mir sozusagen eine neue kulturelle Brille. Ich bevorzuge seitdem das Reisen mit direktem Kontakt zu Einheimischen, um das Land wirklich kennenzulernen.
Wenn Sie gerade nicht hier wären, wo wären Sie dann am liebsten?
Irgendwo in Westafrika oder in der Karibik. Auch für viele ein Kulturschock, weil die Mentalität viel Geduld und Nachdruck verlangt. Mir kommen die Menschen dort jedoch deutlich ruhiger vor als in Deutschland.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ein Umdenken in der Gesellschaft. Ein besseres Miteinander, kein Anstarren von Menschen, die anders aussehen. Ein "gemischtes" Pärchen sollte keine Gefahr befürchten müssen oder Angst haben zusammen auf der Straße zu laufen. Die Vielfalt der Gesellschaft sollten wir nutzen und human miteinander umgehen und leben.