Interview: Ganzheitliche Sozialberatung

09.07.2024

Eisiger Wind im Büro, andauernder Stress, plötzlicher Pflegefall in der Familie, Probleme in der Kindererziehung oder im Umgang mit Suchtmitteln: Die Sozialberatung der Stiftungs­familie richtet sich an Menschen mit verschiedensten Herausforderungen. Im Mittelpunkt stehen immer die Ratsuchenden mit ihren Nöten und Bedürfnissen. Ähnlich dem Hausarzt­prinzip im Rahmen des Hilfesystems vermitteln wir bei Bedarf auch an spezialisierte Fach­dienste. Wir haben uns mit Julika Pfuhl und Anna Ebenbeck unterhalten, die in der Sozialbe­ratung in Leipzig arbeiten.

Wie kann man sich eine Sozialberatung vorstellen?

Wir verstehen uns als professionelle Ansprechpartnerinnen für Mitarbeitende, die vor persönlichen oder beruflichen Herausforderungen stehen und dabei einen Außenblick wünschen bzw. nach konkreten Lösungen suchen. Beratungsprozesse können sehr unterschiedlich und individuell aussehen: Manchmal brauchen bestimmte Lebensthemen vor allem Raum, Zeit und Ver­ständnis. Ein anderes Mal reicht vielleicht schon eine kurze und fachkundige Information am Telefon, damit Menschen ihre Situa­tion verbessern können.

Mit welchen Themen kommen die Menschen zu Ihnen?

Grundsätzlich nehmen wir uns aller Fragen im psychosozialen Bereich an und vermitteln im Bedarfsfall auch an spezialisierte Fachdienste. Schwerpunkte der Themen sind beispielsweise persönliche und familiäre Belastungen oder Krankheiten, berufliches Stresserleben oder finanzielle Notlagen. Wenn eigene Bewältigungsstrategien nicht weiterhelfen, ist ein neutraler pro­fessioneller Blick oft hilfreich und gibt neue Impulse.­­

Gibt es Beispiele?

Ja: Eine Bahnbeschäftigte meldete sich aufgrund akuter Überlastung, die sich durch Erschöpfung, Schlafprobleme und Grübeln zeigte sowie durch die Unfähigkeit, sich zu entspannen. Sie machte sich zudem große Sorgen um ihren chronisch kranken Sohn. Die Klientin war zu diesem Zeitpunkt krankgeschrieben und berichtete von einem in den letzten Jahren zunehmend gestiegenen, beruflichen Druck. Im Beratungsprozess zeigten sich auch Probleme in der Partnerschaft, und sie nahm miss­bräuchlich Schmerztabletten ein. Wir haben sie dabei unter­stützt, sich zu sortieren, und es wurde gemeinsam herausge­arbeitet, wie sie ganzheitlich und nachhaltig gut für sich selbst sorgen kann. Weiterhin wurden Hilfsmöglichkeiten für ihren Sohn abgeglichen. Im Laufe des Beratungsprozesses fühlte sich die Klientin ermutigt, ihren Tablettenmissbrauch und die depressiven Symptome bei einer Fachärztin für Psychiatrie ab­klären zu lassen. Zum Ende der Beratung hatte sie ihre Arbeit wieder aufgenommen – unter neu ausgehandelten Arbeitsbe­dingungen. Auch die Kommunikation mit ihrem Partner erlebte sie als verbessert.­­“

Ein weiteres Beispiel: Wegen einer Trennung musste ein Bahnbeschäftigter umziehen, hatte seinen Job gewechselt und war in Teilzeit gegangen – die Kinder lebten überwiegend bei ihm. Seine finanzielle Situation hatte sich durch die neuen Lebens- und Arbeitsumstände stark verändert und er fragte sich, ob seine drei noch kleinen Kinder die vielen Veränderungen gut verkraf­ten. Da seine ehemalige Partnerin bereits vor der Trennung lange Zeit krank war, hatte er neben seinem frühe­ren Vollzeitjob die Kinderbetreuung bereits zu großen Teilen allein gestemmt. Nun fühlte er sich ausgelaugt. Er meldete sich bei uns und erhielt Hinweise zu ihm zuste­henden finanziellen Leistungen. Er erfuhr auch, dass er als DB-Mitar­beiter die awo lifebalance zur Kin­derbetreuung kostenfrei nutzen kann. Außerdem erhielt er Infos zu unseren Vater-Kind-Kuren. Wir haben ihn beraten, wie er seine Kinder in dieser sensiblen Phase bestmöglich begleiten kann und an welche regionalen Trennungs- und Scheidungsberatungsstellen er sich zusätzlich wenden kann, um die Situati­on mit seiner Ex-Partnerin zu klären. Und nicht zuletzt haben wir mit ihm zusammen Selbstfürsorgestrategien erarbeitet. ­­

Sind die Beratungsleistungen zeitlich begrenzt?

Nein. Manchmal reicht ein telefonischer Impuls und manchmal begleiten wir die Menschen über Monate. Das entscheiden wir gemeinsam mit den Ratsuchenden. Und wenn sich später neue Fragen ergeben, kann man sich jederzeit wieder an uns wenden.

Haben Sie einen Rat für Menschen in herausfordernden Situationen?

Wir ermutigen Menschen, mit ihren Fragen nicht allein zu bleiben: Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl, nehmen Sie frühzeitig Stresssymptome ernst. Sprechen Sie mit vertrauten Menschen und probieren Sie aus, was Ihnen guttut. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie weitere Unterstützung brauchen. Im besten Fall werden wir frühzeitig gefragt und können bereits präventiv zur Seite stehen. Wir analysieren Stressauslöser und schauen gemeinsam, welche Faktoren für Entlastung und Stärkung sorgen können. Sich einzugestehen, dass es einem nicht gut geht, ist nicht leichtt – aber wirklich hinzuschauen, ist der erste Schritt, um daran etwas zu ändern und nicht im Funktionsmodus zu bleiben. Ver­änderungen bringen es oftmals mit sich, dass man Dinge infrage stellt. Jeder Mensch reagiert un­terschiedlich darauf. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass manchmal schon ein ausführliches Gespräch hilft, um Orien­tierung zu erhalten und klar und entschlossener die nächsten Schritte gehen zu können. ­­

So erreichen Sie die Sozialberatung der Stiftungsfamilie: Telefonisch unter 0800 0600 0800, über das Online-Kontaktformular unter www.stiftungsfamilie.de oder per E-Mail: beratung@stiftungsfamilie.de. Die Anfragen werden an die regionalen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter weitergeleitet.

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Sie wollen es lieber klassisch? Selbstverständlich ist unser Reisezentrum auch per E-Mail unter reservierung@stiftungsfamilie.de oder telefonisch für Sie da: 0821 24 27 300 (Montag und Dienstag von 8.30 Uhr bis 17 Uhr, Mittwoch bis Freitag von 8.30 Uhr bis 16 Uhr).

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